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European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1982:J000482.19820721 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 Juli 1982 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0004/82 | ||||||||
Anmeldenummer: | 81305962.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | – | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | – | ||||||||
Name des Anmelders: | Yoshida | ||||||||
Name des Einsprechenden: | – | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | 1. Eine Unrichtigkeit einer Prioritaetserklaerung kann entsprechend Regel 88 EPÜ berichtigt werden, sofern der Berichtigungsantrag so rechtzeitig gestellt wird, dass in die Veroeffentlichung der Anmeldung ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden kann. 2. Wird eine Stelle des EPA vom Vertreter eines Anmelders davon in Kenntnis gesetzt, dass Angaben und Beweismittel zur Begruendung eines Berichtigungsantrags nach Regel 88 EPÜ so bald wie moeglich vorgelegt werden, so kann es ein wesentlicher Verfahrensmangel sein, wenn die Stelle eine Entscheidung erlaesst, ohne eine Frist fuer die Vorlage gesetzt oder angemessene Zeit gewartet zu haben. |
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Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Prioritätserklärung/Berichtigung Berichtigung/Priorität Berichtigung/Berücksichtigung des öffentlichen Interesses Verfahrensmangel/wesentlicher Beschwerdegebühr/Rückzahlung Rückzahlung/Beschwerdegebühr |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Am 18. Dezember 1981 reichte eine in England tätige Sozietät zugelassener Vertreter auf schriftliche Anweisung der japanischen Patentanwälte der Anmelderin im Namen der Anmelderin eine europäische Patentanmeldung mit der Nummer 81305982.3 ein. Entsprechend diesen Anweisungen wurde die Priorität einer einzigen am 25. Dezember 1980 in Japan eingereichten nationalen Patentanmeldung in Anspruch genommen.
II. In den Anweisungen der japanischen Patentanwälte an die zugelassenen Vertreter war versehentlich nicht angegeben worden, daß die Anmelderin verlangt hatte, daß auch die Priorität einer zweiten nationalen Patentanmeldung, die am 5. Januar 1981 in Japan eingereicht worden war, in Anspruch genommen werden sollte.
III. Nachdem das Versehen entdeckt worden war, setzten die japanischen Patentanwälte die zugelassenen Vertreter mit Fernschreiben vom 28. Januar 1982 unverzüglich davon in Kenntnis. Am 1. Februar 1982 fragten diese schriftlich bei der Eingangsstelle des EPA an, ob ein zweiter Prioritätstag in Anspruch genommen werden könne, machten dabei jedoch nicht geltend, daß ein Fehler vorgelegen habe. Entsprechend einem Aktenvermerk vom 5. Februar 1982 wurde den zugelassenen Vertretern von der Eingangsstelle telefonisch mitgeteilt, daß eine zweite Priorität nicht hinzugefügt werden könne.
IV. Am 10. März 1982 übermittelten die zugelassenen Vertreter der Eingangsstelle beglaubigte Abschriften beider Prioritätsunterlagen und erklärten in einem Begleitschreiben, daß sie auf ihr Schreiben vom 1. Februar 1982 keine Antwort erhalten hätten; sie gaben ferner an, die japanischen Patentanwälte hätten ihnen mitgeteilt, daß die zweite Priorität nur versehentlich nicht angegeben worden sei und derzeit diesbezüglich Beweismaterial zusammengetragen werde. Die zugelassenen Vertreter erklärten, daß sie weitere Angaben und Beweismittel liefern würden, sobald diese vorlägen, damit die Unrichtigkeit gemäß Regel 88 EPÜ berichtigt werden könne.
V. Am 30. März 1982 erließ die Eingangsstelle die angefochtene Entscheidung, mit der der Antrag auf Berichtigung mit der Begründung zurückgewiesen wurde, daß zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung kein Hinweis auf mehrere Prioritätsansprüche vorgelegen habe.
VI. Die zugelassenen Vertreter reichten mit Schreiben vom 11. Mai 1982 eine Beschwerde mit einer Begründung und Beweismittel in Form von eidesstattlichen Erklärungen ein. Die Beschwerdegebühr wurde fristgerecht entrichtet.
VII. In ihrer Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Stattgabe des Berichtigungsantrags und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
VIII. In ihrer Begründung gab die Beschwerdeführerin an, der Umstand, daß die zugelassenen Vertreter nicht angewiesen worden seien, die zweite Priorität zu beanspruchen, sei auf ein Versehen in der Kanzlei der japanischen Patentanwälte zurückzuführen, was auch aus den beiliegenden eidesstattlichen Erklärungen hervorgehe. Die diesbezüglichen Aktenaufzeichnungen seien nicht entsprechend einer von der Beschwerdeführerin im November 1981 schriftlich erteilten Anweisung zur Inanspruchnahme der zweiten Priorität geändert worden; diese Anweisung sei nicht an die Sekretärin weitergegeben worden, die mit der Abfassung des Schreibens an die zugelassenen Vertreter beauftragt gewesen sei und sich dabei nach den Aktenaufzeichnungen gerichtet habe; der Anwalt, der das Schreiben unterzeichnet habe, habe die Unterlassung nicht bemerkt. Die Beschwerdeführerin machte geltend, daß sie bemüht gewesen sei, den Fehler unverzüglich noch vor Veröffentlichung der Anmeldung zu berichtigen. Sie wies außerdem darauf hin, daß sie bei den entsprechenden nationalen Anmeldungen in Australien, Kanada und den USA die zweite Priorität hinzufügen dürfe.
IX. Aus der eidesstattlichen Erklärung des betreffenden japanischen Patentanwalts, der die dazugehörigen Unterlagen mit beglaubigten Übersetzungen beiliegen, geht hervor, daß ihm die Beschwerdeführerin tatsächlich die Anweisung gegeben hat, das Versehen in seiner Kanzlei vorgekommen ist und er erst am 28. Januar 1982, als er die schriftliche Anweisung der Beschwerdeführerin vom November 1981 unter den Papieren auf seinem Schreibtisch, nicht aber in der betreffenden Akte fand, festgestellt hat, daß die zweite Priorität nicht in Anspruch genommen worden war. Die Beweisstücke enthalten ferner die fernschriftliche Korrespondenz mit den zugelassenen Vertretern und den Patentanwälten, die die entsprechenden nationalen Anmeldungen in Australien, Kanada und den USA bearbeiten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist somit zulässig.
2. Die Juristische Beschwerdekammer mußte sich im vorliegenden Fall erstmals mit einem Antrag auf Berichtigung einer Prioritätserklärung befassen. Regel 88, Satz 1 EPÜ sieht in sehr allgemeinen Worten die Möglichkeit vor, auf Antrag Unrichtigkeiten in beim Europäischen Patentamt eingereichten Unterlagen zu berichtigen. Wird die Priorität einer früheren Anmeldung in Anspruch genommen, so muß der Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents eine entsprechende Erklärung enthalten (vgl. Regel 26(2)(g) EPÜ). Die Berichtigung eines Fehlers im Erteilungsantrag braucht nicht offensichtlich im Sinne von Regel 88, Satz 2 EPÜ zu sein, da es sich nicht um die Beschreibung, die Patentansprüche oder die Zeichnungen handelt. Daraus ergibt sich, daß eine Unrichtigkeit, die eine Prioritätserklärung betrifft, nach Regel 88, Satz 1 EPÜ berichtigt werden kann, sofern dem keine anderslautenden Bestimmungen des EPÜ oder übergeordneten Grundsätze entgegenstehen.
3. Das EPÜ enthält keine Bestimmung, die die Berichtigung von Fehlern bei Beanspruchung einer Priorität ausdrücklich verbietet. Regel 41(2) EPÜ entbindet die Eingangsstelle des EPA von der Verpflichtung, den Anmelder zu unterrichten und ihm die Möglichkeit zur Beseitigung der Mängel zu geben, wenn die Formalprüfung ergibt, daß der Anmelder, der eine Priorität in Anspruch nimmt, den Tag oder Staat der früheren Anmeldung nicht angegeben hat. Auf der Münchner Diplomatischen Konferenz antwortete der Vorsitzende des Hauptausschusses I auf eine Frage der Delegation der FICPI, daß die unrichtige Angabe des Tags oder Staats der Erstanmeldung nach Regel 88 EPÜ berichtigt werden könne. Er wies darauf hin, daß der Hauptausschuß diese Ansicht teile (s. Berichte der Münchner Diplomatischen Konferenz über die Einführung eines europäischen Patenterteilungsverfahrens, S. 97, M/PR/I, Rdnr. 2242-43).
Nach Regel 41(3) EPÜ ist die Eingangsstelle des EPA verpflichtet, den Anmelder zu unterrichten und ihm Gelegenheit zur Berichtigung zu geben, wenn die Prüfung ergibt, daß der bei Einreichung der europäischen Patentanmeldung genannte erste Anmeldetag um mehr als ein Jahr vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung liegt.
Daraus ergibt sich, daß die Sonderbestimmungen der Regel 41 EPÜ nicht dahingehend ausgelegt werden können, daß sie die Berichtigung von Unrichtigkeiten bei der Inanspruchnahme von Prioritäten ausschließen. Es gibt keine anderen Bestimmungen des EPÜ, die für diesen Sachverhalt in irgendeiner Weise maßgeblich wären.
4. Es stellt sich die Frage, ob die Pariser Verbandsübereinkunft, wenn sie auch hier nicht unmittelbar angewandt werden kann (vgl. Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer J 15/80 vom 11. Juni 1981, Amtsblatt EPA 1981, S. 213), indirekt maßgebende Fristen für die Inanspruchnahme von Prioritäten vorschreibt. Artikel 4 D(1) PVÜ schreibt vor, daß jedes Land bestimmt, bis wann die Prioritätserklärung spätestens abgegeben werden muß; Artikel 4 D(2) schreibt vor, daß die Angaben zu der Erklärung in die Veröffentlichungen der zuständigen Behörde, insbesondere in die Patenturkunden und die zugehörigen Beschreibungen, aufzunehmen sind. Bodenhausen hat darauf hingewiesen, daß “das Unterbleiben dieser Veröffentlichung das Prioritätsrecht jedoch nicht aufhebt (Actes de Washington, S. 307)” (s. Bodenhausen, Guide to the Application of the Paris Convention, BIRPI 1968, S. 49, Buchst. f).
Einige Länder lassen es zu, daß die Prioritätserklärung nach dem Tag der Einreichung der Anmeldung, auf die sie sich bezieht, gemacht wird. Es gibt also in der Pariser Verbandsübereinkunft keinen übergeordneten Grundsatz im Sinne einer Frist, der bei Prioritätserklärungen einer nachträglichen Berichtigung gemäß Regel 88 EPÜ entgegenstünde.
5. Entsprechend der Auffassung, die die Juristische Beschwerdekammer in der Sache J 08/80 (Amtsblatt des EPA 1980, S. 293) vertreten hat, liegt für die Zwecke der Regel 88 EPÜ bei einer beim Europäischen Patentamt eingereichten Unterlage eine Unrichtigkeit vor, wenn die Unterlage nicht die wahre Absicht desjenigen wiedergibt, in dessen Namen sie eingereicht worden ist. Eine Berichtigung kann auch in Form einer Hinzufügung erfolgen.
6. Bevor jedoch das Amt einem Antrag auf Berichtigung stattgeben kann, muß es sich davon überzeugen, daß eine Unrichtigkeit vorliegt, worin diese besteht und wie die Berichtigung aussehen sollte. In Fällen wie diesem, in denen die Unrichtigkeit nicht klar auf der Hand liegt, ist die Beweisführung schwierig. Im vorliegenden Fall jedoch ist die Beweisführung ausführlich und eindeutig und durch Unterlagen belegt. Die Juristische Beschwerdekammer hält sie für überzeugend.
7. Im vorliegenden Fall geht die Absicht der Anmelderin, auch die zweite Priorität in Anspruch zu nehmen, aus den schriftlichen Anweisungen an die japanischen Patentanwälte vom 9. November 1981, die laut Eingangsstempel am folgenden Tag dort eingegangen sind, klar hervor. Die Anweisungen sind in den umfassenden Unterlagen enthalten, die zusammen mit den eidesstattlichen Erklärungen eingereicht worden sind.
8. Wie es in der Kanzlei der japanischen Patentanwälte zu dem Versehen gekommen ist, wird einleuchtend erklärt. Es geht ferner klar hervor, daß die Beschwerdeführerin, die japanischen Patentanwälte und die zugelassenen Vertreter unverzüglich tätig geworden sind, um die Unrichtigkeit zu berichtigen.
9. Das Interesse der Öffentlichkeit ist nicht gefährdet, wenn die Berichtigung der Unrichtigkeit zugelassen wird. Die Anmeldung wurde zwar am 14. Juli 1982 veröffentlicht, die Druckschrift enthält jedoch auf dem Deckblatt einen Hinweis darauf, daß ein Antrag auf Berichtigung nach Regel 88 EPÜ im Hinblick auf die Hinzufügung eines zweiten Prioritätsanspruchs gestellt worden sei. Eine entsprechende Mitteilung wurde auch auf einem Einlegeblatt zusammen mit dem Europäischen Patentblatt Nummer 82-28 vom 14. Juli 1982 veröffentlicht. Auch der Recherchenbericht kann nicht als irreführend angesehen werden, weil der zweite Prioritätsanspruch zeitlich nach dem ersten Anspruch liegt.
10. Die angefochtene Entscheidung ist getroffen worden, ohne die Rechtsprechung der Juristischen Beschwerdekammer zur Berichtigung von Unrichtigkeiten nach Regel 88 EPÜ bei der Benennung von Staaten (Sachen J 08/80, Amtsblatt des EPA 1980, S. 293; J 04/80, Amtsblatt des EPA 1980, S. 351; J 12/80, Amtsblatt des EPA 1981, S. 143; J 03/81, Amtsblatt des EPA 1982, S. 100) zu berücksichtigen. Sie hat die Erfordernisse der Regel 88 EPÜ nicht in Betracht gezogen und muß daher aufgehoben werden.
11. Die zugelassenen Vertreter hatten in ihrem Schreiben vom 10. März 1982 angegeben, daß sie zur Stützung ihres Antrags auf Berichtigung nach Regel 88 EPÜ Angaben und Beweismittel vorlegen würden. Die angefochtene Entscheidung erging am 30. März 1982, also noch bevor die Beschwerdeführerin hinreichend Gelegenheit gehabt hatte, die Angaben und Beweismittel vorzulegen, die in diesem Fall aus Japan übermittelt werden mußten. Artikel 114(2) EPÜ stellt es dem EPA anheim, Tatsachen und Beweismittel, die verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen. Rechtzeitig vorgelegte Tatsachen und Beweismittel müssen jedoch berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall war die Eingangsstelle davon unterrichtet worden, daß Angaben und Beweismittel vorgelegt würden, sobald sie zur Verfügung stünden. Die Eingangsstelle hätte entweder eine Frist für die Vorlage festsetzen oder angemessene Zeit warten können. Sie hat weder das eine noch das andere getan; die angefochtene Entscheidung war also verfrüht. Demnach liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne der Regel 67 EPÜ vor, so daß es der Billigkeit entspricht, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die Entscheidung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 30. März 1982 wird aufgehoben.
2. Es wird angeordnet, daß der mit der europäischen Patentanmeldung Nummer 81305962.3 eingereichte Erteilungsantrag in der Weise berichtigt wird, daß ein Hinweis auf die japanische Patentanmeldung Nr. 4 vom 5. Januar 1981 in Feld VII auf Seite 2 des Erteilungsantrags hinzugefügt wird.
3. Es wird angeordnet, daß die Beschwerdegebühr an die Beschwerdeführerin zurückgezahlt wird.